Serbin, Texas, 21 April 1870
Rev. Th. Brohm, New Orleans, La.

Dear Right Reverend Pastor!

I received your letter of 8 April of this year on the Saturday before Easter. On Easter Sunday I announced from the pulpit in both services, in the Wendish one and the German one, that on next Sunday a congregational meeting would be held in which I would read your letter in which your pending visitation would be announced.

Personally I welcome the visitation because now that I am in the 63rd year of my life and 32 years in the ministry that this somehow would bring my hoped for retirement. I firmly believe that also in my congregation, as two-sided as she may be, no one will object because everyone expects some advantage. Therefore, dear pastor, as an authorized member of the synod both factions will be glad to see you.

The success of the visitation will depend on your stand on the question of “Luther or Arndt.” Therefore, it will be good that you stay in my house and get to know me and that we together study the article “Luther or Arndt” which appeared in Lehre und Wehre - Jarhrgang IV - February 1858 No. 1. The situation in Serbin is best described by the contemporary German prophet Ströbel in the aforementioned publication, Lehre und Wehre, where he writes on page 37: “Whoever has not yet covered the much struggled-about ministry and church dispute does not know the true situation, but behind him lurks the sufficiently discernible question “Luther or Arndt” (you can formulate it anyway you wish). Your answer will not be a harmonious one. The number of those who place the fearless disputants against heathenism, clericalism and caesarism alongside the reformer in both hemispheres is not small and the personalities who belong thereto are noteworthy. The enmity that will result among the confessors of the Augsburg Confession will be more painful and detrimental than the hitherto struggles and the outcome is not in human hands.” etc.

I shudder at this struggle which now must break forth in Serbin though I wish it will relieve my anxiety. The more you know about my predicament the better.

Following are your instructions for your journey through Texas to Serbin. When you come to Galveston go to J. Kauffman & Co. with whom I have dealt for many years. When you get to Houston and cannot get immediate transportation to Brenham, or do not want to go there right away, go to Rev. C. Braun. The railroad ends at Brenham. In Brenham go to the confectioner and baker Johann Neumann for lodging. I will write to the 3 above-mentioned addresses today to let them know of your arrival. From Brenham go by stage via Round Top and LaGrange to Winchester, a small village on Ingrams Prairie on the Colorado River, 8 miles south of Serbin. I reckon that the journey from Galveston to Winchester will take 3 days. If you will let me know by letter when you plan to arrive at Winchester I will send a wagon from Serbin to Winchester to bring you here.

Please write me real soon from New Orleans when you plan to arrive in Winchester. Should my or your reckoning be wrong you will have to find a wagoner the costs of your trip will be gladly and amply covered. Should the visitation turn out that only one faction is satisfied, the satisfied faction will not lack in covering the cost of your trip. The problem in Serbin is not the lack of money but the lack of unity of the two factions and the lack of a candid discussion by the two factions.

With greetings to your not yet known to me Rev. Tirmenstein, I cheerfully anticipate your early arrival.

Yours faithfully,
Johann Kilian, Pastor

But the two factions are the mighty bride of Christ of whom the Song of Solomon 6:10 states, “Who is this that appears like the dawn, fair as the moon, bright as the sun, and terrible as an army with banners?” For all that I must be swarming and therefore close; “You are a garden locked up, my sister, my bride; a spring enclosed, a sealed fountain.” (Song of Solomon 4:12)

[Biar]



Serbin, Texas, am 21sten April 1870
Rev. Th. Brohm, New Orleans, La.

Hochehrwürdiger Herr Pastor!

Ihr Schreiben vom 8ten April d.J. empfing ich am Sonnabend vor Ostern. Am Ostern Sonntag kündigte ich von der Kanzel in beiden Gottesdiensten, im Wendische u. Deutschen, auf den nächsten Sonntag eine Gemeindeversammlung an, daß ich darin Ihren Brief vorlesen würde, in dem eine für abzuhaltende Visitation angesagt sei.

Ich für meine Person nehme die Visitation mit Freuden an, weil ich hoffte, daß sie mich der ich nun im 3 und 60sten Lebensjahre u. 32 Jahre im Amte stehe, irgendwie in den erwünschten Ruhestand bringen wird. Auch in der Gemeine, so zweispaltig sie auch ist, hat, wie ich fest glaube, Niemand dagegen etwas einzuwenden, weil jeder Theil Hoffnungen daran knüpfte. Sie werden also, lieber Herr Pastor, als Bevollmächtigter der Synode von beiden Factionen sehr gern gesehen werden.

Der Erfolg der Visitation wird davon abhängen, wie Sie zu der Frage "Luther oder Arndt" innerlich stehen. Darum wird es gut sein, daß Sie in meinem Hause Wohnung nehmen u. mich kennen lernen und daß wir den Aufsatz "Luther oder Arndt" in Lehre und Wehre Jahrgang IV Februar 1858 No. 1 zusammen durchgehen. Denn den Stand der Dinge in Serbin erklärt am besten der Deutsche lebende Prophet Ströbel, der im gedachten heft der "Lehre und Wehre" S. 37 also schreibt: "Der noch nicht ausgefochtene Amts und Kirchenstreit verdeckt vor der Hand nach die wahre Lage der Dinge, aber hinter ihm lauscht bereits erkenntlich genug die Frage "Luther oder Arndt," (man formulire sie, wie man wolle) hervor. Ihre Beantwortung wird keine friedliche sein. Die Zahl derer, welche den unerschrockenen Mitstreiter gegen Heidenthum, Pfaffenthum und Cäsarenthum (?) neben den Reformator stellen, ist in beiden Hemispfären nicht gering und die dahin gehörenden Persönlichkeiten achtunggebietend. Schmerzlicher und schädlicher als in den bisherigen Kämpfen wird der Haß werden, den jene Frage unter den Bekennern der Augsburgischen Conf. verursachen wird und den aufzuhalten doch in keines Menschen Macht steht." u.s.w.

Weil mir vor diesem Kampfe grauet, der in Serbin nun losbrechen muß, so um die Abhetzung meiner Person zu wünschen. Je schlimmer Sie also mit mir verfahren, desto lieber wird mir's sein.

In Beziehung auf Ihre Reise durch Texas bis Serbin, gebe ich Ihren folgende Instruction. Wenn Sie nach Galveston kommen gehen Sie zu J. Kauffman & Co., mit welchem Hause ist viele Jahre her verbunden bin. Wenn Sie nach Houston kommen, gehen Sie zu Rev. C. Braun, falls Sie nicht sofort nach Brenham fahren können oder wollen. Bis Brenham geht die Eisenbahn. In Brenham gehen Sie zu dem Conditor und Bäcker Johann Neumann der Sie beherbergen wird. Ich empfelhle Sie durch Briefe, die ich Heute schreibe an die genannten 3 Adressen angelegentlich. Von Brenham gehen Sie per Stage via Round Top und LaGrange bis Winchester, welches kleine Städtchen in der Ingrams Prairie am Colorado River 8 Meilen südlich von Serbin liegt. Ich rechne Ihnen für die Reise von Galveston bis Winchester 3 Tage. Wenn Sie mir hiernach die Zeit Ihrer Ankunft in Winchester brieflich bestimmen könnten, so würde ich Ihnen einen Wagen von Serbin nach Winchester schicken, der sie hieher bringen würde.

Schreiben Sie mir deshalb von New Orleans rechtzeitig wann Sie in Winchester anzulangen gedenken. Geht aber meine oder Ihre Rechnung fehl so werden Sie in Winchester einen Fuhrmann suchen müssen, der Sie nach Serbin bringt.

Falls Sie die Kirchenvisitation zur Zufriedenheit beider Factionen in Serbin ausführen, so werden Ihnen die Kosten Ihrer Reise gern und reichlich ersetzt werden. Fällt aber die Kirchenvisitation, so aus daß nur Eine Faction zufrieden sein kann, so wird der zufriedengestellte Theil nicht ermangeln, Ihre Reisekosten zu decken. Denn am Geld fehlt's in Serbin nicht, sondern entweder an der Einigkeit der beiden Factionen oder an einer richtigen Auseinandersetzung der beiden Factionen.

Mit Grüßen an Ihren mir unbekannten Wirth Rev. Tirmenstein bin ich in der freudigen Erwartung Ihrer baldigen Ankunft.

Ew. Hochehrwürden Ergebener
Johann Kilian, P.

Aber in beiden Fractionen ist die Braut Christi mächtig von welcher es heißt Hoheslied 6, 9: “Wer ist die, die hevorbricht, wie die Morgenröthe, schön wie der Mond, auserwählt wie die Sonne, schrecklich wie die Herrspitzen?” Doch ich schwärme wohl und schließe darum;“Meine Schwester, liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten, eine verschlossene Quelle, ein versiegelter Born.” Hohesl. 4, 12.

[GRN; Biar]