Serbin, Lee Co. Texas 29 December 1874
To Pastor Carl Theodor Wetzke, Bautzen
Dear fellow pastor and friend!
That you must again be haunted by me with another letter results from my errand and predicament.
In 1872 some Wends in Serbin formed an organization, to which I also belong myself, to solicit money for procuring books from Bautzen, most of them
in Wendish. My village neighbor, Carl Lehmann from Dauban was elected as agent for the project.
Carl Lehmann then turned to the book seller, J. E. Schmaler in Bautzen and made out a sight draft, dated November 19, 1872 in Galveston for 523 marks.
Mr. J. E. Schmaler did indeed receive the draft, because he wrote to Carl Lehmann on February 12, 1873: “Immediately after receipt of your draft for
523 mark equal to 174 Reichstaler 20 new Groschen, I began the preliminaries in order to best carry out your order. As soon as all is finished I will
send those books etc., which I have, by the month of March via the most appropriate manner.”
This appropriate manner or time, it seems, has up to now, not been found. For Carl Lehmann indeed received a German post card from J. E. Schmaler
with the following inscription: “Bautzen, 4 February 1874. The books, ordered long ago, will be sent away on February 15, at which time I will obtain
the declaration from the American consul in Dresden. Respectfully, J. E. Schmaler.” But our books, ordered and paid for have not arrived at this
time, even though many ships from Europe reached New Orleans and Galveston.
Now because the association of the people who ordered books, requested me to write to you for the reason why Mr. J. E. Schmaler lets his customers
here wait so long and would like to have thorough information and indeed not take action against a fellow countryman as Schmaler, And I have gladly
taken over this matter because it again gives me the opportunity to send you greetings.
You are therefore herewith requested in a friendly manner “to give us information on why these books ordered and paid for in 1872 have not arrived in
Texas and to extend to us good advice which method we should implement to obtain our property, which we badly need.”
After I have presented this matter, that this letter intends, as clearly as possible, so I must now ask about my relatives. How is your wife, my dear
Muhme? Give her my heartfelt greetings. And how are things with your family? How are things with dear Robert in Kamenz and his family? Above all, I
would like to be informed about Captain Alwin if he died for his fatherland in the war against France or if he is still alive. I would also like to
hear something of the dear sisters of your wife, Ottilie and Klotilde. Greet all the dear ones in my old homeland. I would like to visit all my dear
friends in Europe some time. But my conditions and circumstances here do not permit me to leave for any length of time.
Now a bit about myself and my wife and family. I was severely ill in 1871 and again in 1873. But now I am in good health. My wife was also very sick
but is now well. My five children are all vigorous and healthy. My oldest son Gerhard who studied for five years at the teachers’ seminary at Addison,
Illinois has been my schoolteacher and organist since September 1, 1872. Since Easter, this year, my second son Bernhard is with Pastor Proft on the
West Yegua 14 English miles from here in order to learn the basics of mill work. My third son Hermann went to the Gymansium at Fort Wayne, Indiana
this August so that he should become a pastor, God willing. Both of my daughters, Theresia and Hulda are with me at home. Gerhard is 22 years old,
Bernhard 16, Hermann 15, Theresia 18 and Hulda 13.
It was in 1854 that I migrated with numerous Prussians and Saxons, mostly Wends, from Upper Lusatia to Texas. Our settlement here, numbering almost
800 souls, received a post office in 1860 and is called Serbin. At the end of this year, as a result of the state legislature, a new county named Lee
County will be created out of the parts of four neighboring counties, Bastrop, Fayette, Washington and Burleson. My address is now: Rev. J. Kilian,
Serbin, Lee Co. Texas. Six English miles from my parsonage is a new railroad which travels from Galveston through Houston to Austin, the capital of
Texas. On the railroad is the new town of Giddings, which has been made the county seat of our county.
May I repeat my primary purpose. You would, dear fellow pastor, perform a great service if you respond as soon as possible, concerning our business
with Mr. J. E. Schmaler.
And now I entrust you and your household as well as my entire relationship to the care of our faithful God and remain in love, yours,
J. Kilian, P.
[GRN; Biar]
Serbin, Lee Co. Texas am 29sten December 1874
An Herrn Pfarrer Carl Theodor Wetzke, Budissin.
Hochehrwürdiger, Geliebter Amtsbruder und Freund!
Daß Du wieder einmal mit einem Schreiben von mir heimgesucht werden mußt, dazu dringt mich Noth und Auftrag.
Im Jahre 1872 vereinigten sich mehrere Wenden in Serbin, zu denen ich selbst mit gehöre, und steuerten Geld zusammen, um dafür von Bautzen Bücher,
meist Wendische, zu beziehen. Mein Ortsnachbar Carl Lehmann aus Dauban wurde zum Agenten in dieser Angelegenheit erwählt.
Carl Lehamnn wendete sich nun an den Herrn Buchhändler J. E. Schmaler in Bautzen und sandte ihm einen vom 19ten November 1872 datirten, in Galveston
ausgestellten Sicht=Wechsel für 523 Reichsmarken.
Diesen Wechsel hat Herr J. E. Schmaler richtig erhalten, da er am 12 Februar 1873 an Carl Lehmann schrieb: "Sofort nach Empfang Ihres Wechsels von
523 Mark gleich 174 rt.[Reichstaler] 20 ngl. [Neugroschen] habe ich Einleitungen getroffen, um Ihre Aufträge bestens auszuführen. Sobald alles fertig
ist, welches, wie ich hoffe, im Monat März d. J. geschehen dürfte, werde Ihnen die Bücher u. s. w. auf die geeignetste Weise zusenden."
Diese geeignetste Weise oder Zeit hat, wie es scheint, bis jetzt sich noch nicht gefunden. Denn Carl Lehmann hat zwar eine "Deutsche Reichspostkarte"
von J. E. Schmaler empfangen mit folgender Notiz: "Bautzen, 4 Februar 1874. Die schon längst bestellten Bücher werden am 15ten Februar, bis wohin ich
die Bescheinigung vom amerikanischen Consul in Dresden abholen werde, an Sie von hier abgehen. Ergebenst J. E. Schmaler."
Aber unsere bestellten und bezahlten Bücher sind bis jetzt noch nicht angelangt, obwohl viele Schiffe aus Europa in New Orleans und Galveston
anlangten.
Da nun die Gesellschaft der hiesigen Bücherbesteller über die Ursache, warum Herr J. E. Schmaler seine hiesigen Kunden so lange warten läßt,
gründlichen Aufschluß haben möchte und doch gegen einen Volksgenossen, wie Schmaler, nicht gleich scharf vorgehen will, so hat man mich beauftragt,
Dir zu schreiben. Und ich habe diese Mühewaltung gern übernommen, weil sie mir Gelegenheit gibt Dich wieder einmal zu begrüßen.
Du wirst also hiermit freundlich ersucht, "uns Auskunft darüber zu geben, warum diese im Jahre 1872 bestellten und bezahlten Bücher in Jahre 1874
noch nicht in Texas ankommen konnten, und uns guten Rath zu ertheilen, welchen Weg wir nun einschlagen sollen, um zu unserm Eigenthum, das wir
nothwendig brauchen, zu gelangen."
Nachdem ich aber die Angelegenheit, die diesen Brief veranlaßte, so deutlich, als mir's möglich war, dargelegt habe, so muß ich nun nach meiner
Verwandtschaft fragen. Was macht Deine Frau Gemahlin, meine liebe Muhme? Richte ihr herzliche Grüße von mir aus. Und wie steht's mit Deiner Familie?
Und was macht der liebe Robert in Kamenz und seine Familie?Insonderheit möchte ich über den Hauptmann Alwin Nachricht haben, ob er in französischen
Kriege für's Vaterland gefallen ist oder noch lebt. Auch von den lieben Schwestern Deiner Frau Gemahlin, Ottilie und Klotilde, wünsche ich etwas zu
erfahren. Grüße sie alle, die Lieben meiner alten Heimath. Ich möchte die lieben Freunde in Europa gern einmal besuchen. Allein meine hiesigen
Verhältnisse und Umstände erlauben mir nicht, auf längere Zeit fortzugehen.
Nun noch etwas über mich selbst und meine Frau und Familie. Ich bin im Jahre 1871 schwer krank gewesen und im Jahre 1873 wieder. Jetzt befinde ich
mich aber wohl. Meine Frau ist auch schwer krank gewesen ist aber jetzt wohlauf. Meine fünf Kinder sind alle frisch und munter. Mein altester Sohn
Gerhard der im Schullehrerseminar zu Addison, Staat Illinois, 5 Jahre lange studiert hat, ist seit dem 1sten September 1872 mein Schulmeister und
Organist. Mein zweiter Sohn Bernhard ist bei dem Pastor Proft an der West Yegua 14 engl Meilen von hier seit Ostern d. J. gewesen, um die Anfänge der
Tischlerei zu lernen. Mein dritter Sohn Hermann würde heuer im August auf's Gymnasium nach Fort Wayne, Staat Indiana, gethan und soll Pastor werden,
so Gott will. Meine beiden Töchter Theresia und Hulda habe ich noch zu Hause. Gerhard ist 22 Jahre alt, Bernhard 16, Hermann 15, Theresia 18, und
Hulda 13.
Es war im Jahre 1854, als ich mit mehreren Preußen und Sachsen, meist Wenden, aus der Oberlausitz nach Texas zog. Unsere hiesige Niederlassung, die
gegen 800 Seelen zählt, bekam in Jahre 1860 ihr Postamt und heißt Serbin. In diesen nun zu Ende gehenden Jahr wurde durch unsere Staatslegislatur aus
den Grenzbezirken der vier Counties Bastrop, Fayette, Washington und Burleson ein neues County (Kreis) gebildet, welches den Namen Lee County erhalten
hat. Meine Adresse ist nun: Rev. J. Kilian, Serbin, Lee Co. Texas. Sechs englische Meilen von meiner Pfarrwohnung geht die neue Eisenbahn, welche von
Galveston über Houston nach Austin, der Hauptstadt von Texas, hinaufführt. An der Eisenbahn liegt die neue Stadt Giddings, welche die Hauptstadt
unseres Kreises geworden ist.
Ich wiederhole nun mein Hauptanliegen. Du wirst mir, lieber Amtsbruder, einen großen dienst erweisen, wenn Du in der Sache, die wir mit dem Herrn J.
E. Schmaler haben, mir recht bald antwortest.
Und nun befehle ich Dich und Dein Haus, wie auch meine ganze Verwandtschaft, der Obhut unsers treuen Gottes und bleibe in Liebe
Dein Johann Kilian P.
[GRN; Biar]